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Heinrich Bullinger

Leben


Heinrich Bullinger, geboren im Jahr 1504 in Bremgarten, Kanton Aargau, war eine der zentralen Figuren der Reformationsbewegung im 16. Jahrhundert. Sein Vater war ein Priester, und ursprünglich war geplant, dass auch Heinrich in den geistlichen Stand eintreten sollte. Von 1519 bis 1522 studierte er an der Universität Köln, wo er durch die Lektüre von Werken von Erasmus, Melanchthon und Martin Luther zur reformatorischen Bewegung hingezogen wurde.
Nach seinem Studium lehrte Bullinger Bibelexegese im Zisterzienserkloster von Kappel und vertiefte seine Kenntnisse in den Sprachen Griechisch und Hebräisch. Er kam in Kontakt mit Huldrych Zwingli und begann, dessen Schriften zu studieren.
 
Im Jahr 1529 heiratete er Anna Adlischwyler, eine ehemalige Nonne. Diese Heirat war ein markantes Zeichen für die tiefgreifenden Veränderungen, die die Reformation mit sich brachte. Vor der Reformation hatten Priester und Nonnen ein Gelübde der Keuschheit abgelegt und durften nicht heiraten.

Nachfolger Zwinglis in Zürich


Nach dem Tod von Zwingli in der Schlacht bei Kappel im Jahr 1531 musste Bullinger seine Heimatstadt Bremgarten verlassen und zog nach Zürich. Dort wurde er vom Grossen Rat zum Antistes, dem obersten Pastor, gewählt. In dieser Position festigte er die Reformation in Zürich und im gesamten Kanton, die nach dem Tod von Zwingli unter dem Druck der Katholiken in Gefahr war. Bullinger widersetzte sich den Wiedertäufern, einer radikalen reformatorischen Bewegung, lehnte aber den Einsatz von Gewalt gegen Andersgläubige ab.

Als Prediger und Historiker machte Bullinger sich einen Namen. Er schrieb eine Chronik von Zürich und eine Biografie von Zwingli. Er entwickelte eine Theologie des Bundes und nahm viele protestantische Flüchtlinge aus England und Italien in Zürich auf. In Bezug auf das Abendmahl, einen zentralen Streitpunkt unter den Reformern, vertrat er die symbolische, nicht die reale Gegenwart Christi.

1536 kam unter der Federführung von Heinrich Bullinger die "Confessio Helvetica prior", auch Zweites Basler Bekenntnis genannt, als erstes gemeinsames Bekenntnis der reformierten deutschsprachigen Eidgenossenschaft zustande.
 
Im Jahr 1549 arbeitete er mit Johannes Calvin den Consensus Tigurinus aus, der eine Einigung in der Abendmahlsfrage zwischen den Anhängern von Zwingli und Calvin herbeiführte. Sein Zweites Helvetisches Bekenntnis "Confessio Helvetica posterior" wurde 1566 von den meisten protestantischen Kantonen angenommen und diente als Referenz für das gesamte reformierte Europa.

Bullingers Briefwechsel


Bullinger korrespondierte mit über 12.000 Briefen mit Theologen, Pastoren, regierenden Prinzen und Politikern in ganz Europa, was ihm einen erheblichen Einfluss verschaffte. Besonders beeinflusste er die puritanische Bewegung in England. Sein Hauptwerk ist eine auf Lateinisch erschienene Abhandlung zur Pastoraltheologie, die Dekaden.

Im Jahr 1554 bis 1556 fiel ein Grossteil seiner Familie, einschliesslich seiner Frau Anna, der Pest zum Opfer. Bullinger selbst starb im Jahr 1575 im Alter von 71 Jahren in Zürich, nachdem er 44 Jahre lang in dieser Stadt gewirkt hatte.

Die Beziehung zwischen Heinrich Bullinger und Anna Adlischwyler ist ein bemerkenswertes Kapitel in der Geschichte der Reformation und spiegelt die tiefgreifenden sozialen und kulturellen Veränderungen wider, die diese Bewegung mit sich brachte. Die traditionelle Ordnung wurde durch die Reformation stark in Frage gestellt, und dies zeigte sich deutlich in der Beziehung zwischen Bullinger und Anna.

Bullinger schrieb Anna, die damals noch Nonne war, einen leidenschaftlichen Brief, in dem er seine tiefen Gefühle für sie offenbarte. "Du allein bist die einzige, die ich mir in den Kopf gesetzt habe", gestand er ihr in diesem Brief. Er drückte seinen Wunsch aus, mit ihr zusammenzuleben und alles - "das Saure wie das Süsse" - mit ihr zu teilen.

Er ermutigte sie, ihre Rolle als Nonne zu überdenken und die Möglichkeit einer Ehe in Betracht zu ziehen. "Du bist jung", beschwor er sie, "und Gott hat dir deinen Körper nicht gegeben, damit du ewig Nonne bleibst und nichts unternimmst, damit er Früchte trägt". Nach einem Loblied auf die Ehe bat Bullinger sie: "Lies den Brief drei oder vier Mal, überleg es dir, bitte Gott, dass er dir seinen Willen zu erkennen gibt."

Trotz Widerstand von Annas Mutter und einem darauffolgenden Gerichtsverfahren, das die Gültigkeit ihrer Verlobung bestätigte, heirateten sie erst ein Jahr später, sechs Wochen nach dem Tod von Annas Mutter. Diese Episode unterstreicht die tiefgreifenden Veränderungen, die die Reformation mit sich brachte, und zeigt, wie sehr die traditionelle Ordnung durch diese Bewegung in Frage gestellt wurde.

Heinrich Bullinger
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